Das Projekt untersucht, wie einst erbeutete Objekte zu «Kunst» werden. Anhand von Einzelbeispielen wird ergründet, wie museale Sammlungen durch Enteignungen oder Aneignungen geprägt wurden und wie kulturelles Erbe mit Krieg und Gewalt verstrickt ist. Zudem entwickelt das interdisziplinäre Team eine virtuelle Ausstellung, die erhaltene, teils über die ganze Welt zerstreute und teils zerstörte Objekte mit deren Erzählungen zusammenbringt und sowohl Forschenden wie auch einem breiten Publikum zugänglich macht.
Einführung
Kernstücke der heutigen Sammlung des Bernischen Historischen Museums wurden vor über 500 Jahren als «Beute» von Kriegszügen und religiösen Umbrüchen nach Bern gebracht. Sie wandelten sich hier zu Symbolen kultureller Identität und zu «Meisterwerken». Die Geschichte der verschiedenen Enteignungen ist heute jedoch wenig gegenwärtig im Museum. Deshalb analysiert das Projekt die Provenienzgeschichte der Objekte in der longue durée von ihrer Entstehung bis zur heutigen Präsentation im Museum. Die Umdeutungen, Perspektivwechsel und jeweiligen Kontexte werden in erster Linie am Beispiel der berühmten Burgunderbeute aus der Schlacht von Grandson (1476) und des Klosterschatzes von Königsfelden aufgedeckt. Ziel ist es, über die Präsentation von Kunstwerken in Ausstellungen hinaus crossmediale Möglichkeiten zu erforschen, mit denen sich Verluste, Enteignungen, Neuinterpretationen und Aneignungen in einem zeitgenössischen Kontext (re-)präsentieren lassen. Damit sollen neue Perspektiven auf mediale Geschichtsvermittlung eröffnet werden.
Methoden
Das interdisziplinär aufgestellte Team setzt sich aus elf Forschenden zusammen und lässt Expertise aus der Kunstgeschichte, den Museumswissenschaften, den digitalen Geisteswissenschaften, der Designforschung und der Soziologie einfliessen. Innerhalb der kunsthistorischen Perspektive beleuchten drei Teilprojekte unterschiedliche Sammlungskomplexe und Zeitstufen. Parallel dazu werden durch Interviews mögliche Nutzer*innengruppen für die virtuelle Repräsentation der Ergebnisse ermittelt und ein Interfacedesign konzipiert, das vielfältige Zugänglichkeiten und Narrationen ermöglicht.
Ergebnisse
Als wichtigste anwendungsbezogene Errungenschaft geht aus dieser Zusammenarbeit eine virtuelle Ausstellung hervor. Ein Handbuch resümiert die Resultate dieses digitalen Vermittlungsformats und reflektiert sie kritisch. Die Ergebnisse der kunsthistorischen Forschungen münden in eine Reihe wissenschaftlicher Beiträge und in vier kleinere, allgemein verständliche Begleitpublikationen für die Öffentlichkeit.